Es klingt so absurd, dass man es gar nicht glauben mag: „Zeit Online“ berichtet heute ausführlich über die Planung des Polizeieinsatzes zum Fusion Festival 2019 – https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-05/fusion-festival-polizeieinsatz-sicherheitskonzept-interne-dokumente. Die Recherchen von Zeit Online übertreffen die schlimmsten Befürchtungen des Kulturkosmos, wie es in einer Pressemitteilung heißt.
Die Planung geht laut dem Bericht von etwa 1.000 Polizeibeamten für den Einsatz aus. Alleine 100 Polizeibeamte pro Schicht sollen mitten auf dem Festival stationiert werden und das Gelände mit uniformierten und zivilen Beamten anlasslos bestreifen. Auch Wasserwerfer und Räumpanzer sollen zum Einsatz kommen.
Laut dem Bericht sollen sowohl Räumpanzer und Wasserwerfer, eine Beweissicherungs- und Festnahmeinheit als auch weitere Hundertschaften vorgehalten und im Bedarfsfall gegen die Gäste eingesetzt werden. Auch eine Spezialeinheit zum Lösen von Blockaden und Ankettungen ist laut Zeit Online angefordert. Sogar die Bundeswehr ist laut der Berichterstattung als Infrastrukturdienstleister am geplanten Einsatz beteiligt.
Dazu sagt Martin Eulenhaupt vom Kulturkosmos: „Die Polizei plant, wie sich jetzt bestätigt, ein unverantwortliches Eskalationsszenario gegen unser Kulturfestival. Unsere Gäste aus der ganzen Welt und die Menschen hier in der Region wollen, wie schon seit über 20 Jahren, einfach nur ein friedliches Fest feiern – und die Polizei will uns allen Ernstes Hundertschaften von Bereitschaftpolizei mit Wasserwerfer und Räumpanzer schicken. Mit diesen eskalativen Einsatzplanungen ist niemand in Sachen Sicherheit geholfen. Die Landesregierung muss jetzt diesem unverhältnismäßigen Vorhaben sofort ein Ende setzen.“
Polizei hat vertrauliche Dokumente offenbar an rechten Gewalttäter weitergereicht
Weiter berichtet Zeit Online, dass die Polizei offenbar eine Bachelorarbeit zum Thema Fusion bei der Polizeihochschule (FH Güstrow) angeregt hat. In diesem Zusammenhang habe die Polizei dann vertrauliche Dokumente aus dem Genehmigungsverfahren, ungeschwärzt mit vollen Namen und Adressen der Ansprechpartner und Dienstleister weitergereicht. Diesem schwerwiegenden Verstoß gegen den Datenschutz wird noch die Krone aufgesetzt, weil unter den Empfängern auch Ulf-Theodor Claassen ist. Claassen sei Vizevorsitzender der AfD Mecklenburg-Schwerin gewesen und sei ein rechtskräftig verurteilter Gewalttäter. Er sei mittlerweile Dozent für Einsatzlehre an der FH Güstrow und Betreuer der Bachelor-Arbeit, in der die Polizeiwache mitten auf dem Fusion-Gelände und die anlasslose Bestreifung gefordert und begründet werden.
Hierzu sagt Petra Barz vom Kulturkosmos: „Der Vorgang ist nicht nur aus Sicht des Datenschutzes ein Vertrauensbruch: Eine Bachelor-Arbeit, die ein politischer Rechtsaußen an der Polizeihochschule betreut, soll möglicherweise als theoretisches Fundament für die unverhältnismäßigen Forderungen der Polizei dienen. Für uns drängt sich zunehmend der Eindruck auf, dass wir es gar nicht mehr mit Sicherheitsforderungen zu tun haben, sondern auch mit dem politischen Versuch von rechts, ein linksalternatives Kulturfestival anzugreifen. Die große Frage ist: Hat am Ende die AfD am Polizeikonzept mitgeschrieben?“
Ulf-Theodor Claassen und der jetzige Neubrandenburger Polizeipräsident Nils Hoffmann Ritterbusch seien ehemalige Kollegen bei der Polizeiinspektion Rostock und beide federführend an den Einsätzen rund um den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 beteiligt. Schon damals habe Hoffmann-Ritterbusch offenbar Aufklärungsflüge der Bundeswehr über das Kulturkosmosgelände beantragt.
Kulturkosmos fordert Aufklärung und konstruktive Zusammenarbeit
Der Kulturkosmos begrüßt, dass die Polizei gegenüber Pressevertretern Verhandlungsbereitschaft im Konflikt signalisiert: „Trotz dieser skandalösen Vorgänge, die unbedingt aufgeklärt werden müssen, ist das Gebot der Stunde die Rückkehr zur Sachlichkeit. Es braucht nun vertrauensbildende Maßnahmen der Polizei sowie überprüfbare, konkrete Schritte der Abrüstung sowohl in den Verhandlungen als auch bei der polizeilichen Einsatzplanung. Unser aktuelles Sicherheitskonzept mit dem Kompromissvorschlag einer Wache in unmittelbarer Nähe zum Festival und konkreten Vorschlägen für einen anlassbezogenen Zugang liegt auf dem Tisch“, sagt Martin Eulenhaupt.
Foto: Ole Steindorf-Sabath